Informierter Firmenkauf durch Management Audits

von 27 Feb 2020

Aufgrund der lange andauernden Niedrigzinspolitik und der steigenden Überhitzung des Immobilienmarktes suchen Investoren verstärkt nach neuen Anlageformen. Zunehmend ziehen sie dabei den Kauf von Firmen als renditestarke Option in Betracht. Häufig werden dabei erhebliche Risiken übersehen: Eine Vielzahl von Studien belegt, dass die größte Unbekannte hierbei der Faktor Mensch ist. Auch wenn allerorts betont wird, dass die Mitarbeiter das wichtigste Kapital einer Firma darstellen, liegt der Fokus im Vorfeld eines Kaufs auf anderen Faktoren: Das Produktspektrum, die Marktbegleiter und das regulatorische Umfeld werden genauestens untersucht. Doch selbst die Führungsebene einer Firma wird häufig nur einer oberflächlichen Prüfung unterzogen. Aus dieser Unkenntnis der menschlichen Ressourcen ergeben sich schwer kalkulierbare Risiken für den Investor. Eine Analyse des Managements ist deshalb im Vorfeld einer Investition dringend anzuraten.

Die Methodik des Management-Audits

Um ein detailliertes Bild über die Leistungsfähigkeit der Führungsebene einer Firma zu erhalten, wurde die Methodik des Management-Audits entwickelt. Sie nimmt den traditionellen Anspruch ernst, Firmenkäufe in allen Belangen mit der gebotenen Sorgfalt (Due Diligence) durchzuführen. Im Rahmen des Audits werden die bestehenden Führungskräfte bezüglich ihrer Persönlichkeitsmerkmale und optional auch hinsichtlich ihrer kognitiven Fähigkeiten analysiert. Je nach Anforderung des Auftraggebers kann dabei ein bestimmter Katalog an Eigenschaften und Fähigkeiten abgeprüft werden. Aus den Einzelanalysen wird dann eine Gesamtmatrix an verfügbaren Kompetenzen zusammengeführt. Im nächsten Schritt erfolgt der Abgleich mit dem Soll-Profil des Investors. Schnell zeigen sich hierbei Nachholbedarfe und falls vorhanden, werden auch kritische Defizite sichtbar. Aus diesem Abgleich lassen sich erforderliche Maßnahmen ableiten, die von Schulungen einzelner Mitarbeiter bis zu umfassenden Personalmaßnahmen reichen können. In gravierenden Fällen kommt es durchaus vor, dass dem Investor auf der Basis des Audits von einem Kauf abgeraten wird.

Praxisbeispiele möglicher Audit-Ergebnisse

Wenn etwa ein Geschäftsführer seine Firma aus Altersgründen verkauft, entsteht nicht selten eine massive Lücke im Bereich des Vertriebs. Im Rahmen eines Audits würde diese Schwachstelle sofort sichtbar – noch bevor sie Spuren im operativen Geschäft hinterlässt. Nicht immer sind es jedoch derartig offensichtliche Mängel, die zutage treten. So kann sich etwa bei der Charakteranalyse des Managements zeigen, dass der bisherige Vertriebsleiter zu introvertiert ist, um eine Idealbesetzung seiner Position darzustellen. Es kann dann eine sinnvolle Maßnahme sein, ihn künftig im Innendienst einzusetzen und den Vertrieb anderweitig zu verstärken. In solchen Fällen ist sowohl der Firma als auch dem Mitarbeiter gedient, der nun endlich entsprechend seiner Persönlichkeitsmerkmale eingesetzt wird. Für den Investor würde sich bereits vor dem Kauf des Unternehmens die Möglichkeit ergeben, rechtzeitig Personalmaßnahmen auf den Weg zu bringen und so entscheidende Zeitvorteile beim Recruiting zu erzielen.

Herausforderungen bei der Anwendung der Methode

Häufig möchte die aktuelle Geschäftsführung nicht, dass der bevorstehende Verkauf der Firma bekannt wird, da dies erhebliche Unsicherheit verursachen kann. Gerade leistungsstarke Mitarbeiter fühlen sich dann häufig zum Wechsel gedrängt. Firmen, die den Vorgang mit der erforderlichen Sorgfalt begleiten, weisen den dafür erforderlichen Mehraufwand häufig als Bestandteil des Kaufpreises aus – ist dies auch aus Verkäufersicht nachvollziehbar, erscheint dies den Investoren oft nicht wünschenswert. Ein weiteres verbreitetes Argument der Investoren besteht darin, den Kauf möglichst schnell abwickeln zu wollen, um die aktuelle Geschäftslage der Firma nicht weiter zu verschlechtern. Besonders unglücklich sind Situationen, in denen unklar ist, welcher Kaufinteressent den Zuschlag erhalten wird. Niemand möchte in Vorleistung gehen, ohne die entstehenden Aufwendungen nachträglich wieder erwirtschaften zu können. 

Fokus auf Nachhaltigkeit erzeugt monetären Mehrwert

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die genannten Gründe zunächst gegen ein Management-Audit im Vorfeld des Kaufes zu sprechen scheinen. Dennoch zeigt der Blick auf die aktuellen Verwerfungen des Finanzmarktes, dass Investoren auf Dauer nur von wohlinformierten Kaufentscheidungen profitieren. Die erworbene Firma wird nur dann finanziellen Mehrwert erzeugen, wenn ein mittel- und langfristiges unternehmerisches Konzept vorhanden ist. Je häufiger und hektischer ein Unternehmen von Investor zu Investor verschoben wird, desto stärker mehren sich die Zweifel, ob es sich um ein lohnendes Investitionsobjekt handelt. Die Ressourcen, die für eine angemessene Due- Diligence-Prüfung erforderlich sind, gehen zusammen mit den abgeleiteten Maßnahmen in den Erfolg des Unternehmens ein. Diese Sorgfalt bei der Vorbereitung eines Kaufes macht die Investition auch bei unruhigen Marktbedingungen zu einem nachhaltigen Erfolg.